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Loik ä Säti-loit ... ich
hätt's nicht
für möglich gehalten! So wie viele andere war ich der Meinung, dieser Song
wäre nicht
Eurovisionstauglich. Vielleicht
würde Lena einen Platz unter den ersten 10 ergattern aber auf keinen Fall gewinnen! Nicht in so einem Schieberverein wie dem
ESC. Vor allem dachte ich, dass dieser Song
für Deutschland nicht
repräsentativ ist. Gesungen in einer Art
Cockney-Englisch, das noch nicht mal die
Engländer verstehen, hat das nicht viel mit
Germanistan zu tun.
Doch ich habe mich
getäuscht. Gottseidank!
Lange Zeit hab ich mir diesen ganzen Schwachsinn
überhaupt nicht mehr angeschaut bzw.
angehört: eine Aneinanderreihung von
sülzigen Balladen, gespickt mit
kettensägenden,
schleifhexenden Einlagen, klischeehaften Arrangements,
rumhopsender Zirkusartisten und halbnackter
Striptease-Tänzerinnen. Ich dachte, wenn diese
Geräuschkulissen die jeweiligen Staaten und die dort lebenden Menschen
repräsentieren, sind wir nicht mehr weit von einem dritten Weltkrieg entfernt! Gerade die Art und Weise, wie sich die
osteuropäischen Staaten die Punkte
zuschoben ging mir tierisch auf den Sack!
Auch gestern
hätte ich's mir mal wieder nicht gegeben, wenn ich nicht im Vorfeld den
Lena-Rummel verfolgt
hätte. Als sie dann als Zweiundzwanzigste auf die
Bühne kam, war ich total
überrascht: der Song und die Darbietung stachen unter dem bis dahin gebotenem tonal hervor! Sie stand da in ihrem schwarzen Kleidchen, mit einfacher Frisur und
Make-
Up, sang und strahlte besser denn je!
Wow, dachte ich mir, sie hat die Kurve gekriegt!
Warum auch nicht?!
Wir haben von fast allen Staaten Punkte bekommen. Neun davon gaben uns die volle Punktzahl! Bei einer Veranstaltung, wo es
vordergründig um Musik gehen soll und sich dann letztendlich doch alles nur um Politik, Prestige und Image dreht, haben die Leute diesmal richtig
gewählt.
Denn Lena hat Stil und Satellite ist eine gute Nummer!
Nur mal als Vergleich:
England mit Josh Dubovie und einer Art Boy-Group-Nummer That Sounds Good To Me - ganz hinten, Platz 25! Well, that doesn't sound good to me anymore, does it?!
Irland mit Niamh Kavanagh und einer Ballade (was sonst) im Titanic-Stil It's For You - untergegangen auf Platz 23!
Portugal mit Filipa Azevedo und der sülzigen Ballade Há dias assim, bei der man noch nicht mal eine Melodie erkennen konnte - eines schönen Tages vielleicht irgendwo unter den ersten zehn, doch diesmal nur auf Platz 18!
Israel mit Harel Skaat und einer dramatischen Ballade auf hebräisch Milim - am Schluss ging ihm dermassen die Intonation floeten, dass einem die Worte fehlten. Vielleicht hätte er doch lieber daheim bleiben und Skat spielen sollen ... Platz 14!
Am lustigsten fand ich die Russen Peter Nalitsch & Friends mit Lost and Forgotten - erinnerte mich an die russischen Strassenmucker, die kurz nach der Wende rüberkamen, um die Deutschen in ihren Fußgängerzonen zu quälen. Platz 11 (aber auch nur weil wieder geschoben wurde!)
Gut hingegen fand ich die Ukraine (gothic!), Georgien (wie kann man nur so gut singen wenn man so rumgewirbelt wird?!) und Belgien (erinnerte mich an mich).
Was mir auch auffiel und mich wirklich überraschte: wie die Länder des ehemaligen Jugoslawien sich die besten Punkte zu schoben! Ist noch nicht ganz so lange her, da sind sie sich gegenseitig an die Gurgel gegangen! Es kam einem fast so vor, also ob der ESC in diesem Fall als Friedensgebiet des gemeinsamen "aufeinander Zugehens" genutzt wurde und macht in meinen Augen die Schieberei fast zu einer Art guten Sache. Mir kamen die Tränen!
Auch diesmal ging es mal wieder mehr um das ganze Drumherum. Doch auch da stach Lena mit ihrer natürlich quirligen Art heraus, überzeugte die Zuschauer und Journalisten.
Bei der finalen Abstimmung lagen Ella und ich im Schlafzimmerbett. Umgeben von unseren Haustieren jubelten wir jedesmal wie die Verrückten, wenn 12 Punkte an Lena vergeben wurden! Für uns war's einer der schönsten ESC's, den wir bis dahin gesehen haben! Es sollen leben hoch die Norweger!
Und die Welt ist doch nicht so schlecht ...