Sonntag, 5. September 2010

Die Story mit dem Kredit und dem "sich anpassen"

Da muss ich noch was zu erzählen. Als ich nach Irland kam, brachte ich 30.000 Euro mit und wohnte alleine in einem Apartment mit zwei Schlafzimmern. Nach ung. 2 Jahren kamen Ella und Sarah endlich hinterher und wir mieteten das Haus von dem geizigen Schwaben. Dort wohnten wir anderthalb Jahre. Nachdem ich meinen aus Deutschland mitgebrachten VW-Passat auf den hiesigen Straßen kaputtgefahren hatte, bekam ich von einem Bekannten seinen alten Ford Fiesta geschenkt. Das Auto Lief gut und hatte sogar genug Platz für mein Equipment. Es regnete halt nur durch die geschlossene Fahrertür weil man sie nach einem Einbruchsversuch nicht mehr richtig schließen konnte. Es kam nicht selten vor, dass ich mir während der Fahrt ständig über die Augen wischen musste.

Eines schönen Tages bekam ich einen Brief von der Bank mit einem Kreditangebot. Ich nahm das nicht besonders ernst, zumal ich kein festes Einkommen hatte und demnach auch keinen Einkommensnachweis. In Deutschland bekam ich nie und nimmer Kredit. Ich konnte noch nicht mal mein Konto um einen Euro überziehen, weil ich auch keinen Dispo hatte. Ich füllte den Brief trotzdem aus, ließ jedoch das Feld für den Betrag frei und gab ihn bei der Bank ab. Danach vergaß ich die Sache. Nach ung. einer Woche bekam ich einen Anruf von meiner Bank. Am Apparat war Dan Hogan, der meinen Brief vor sich liegen hatte und wissen wollte wieviel Geld ich denn gerne hätte. Ich sagte ihm ich wolle nichts und wies ihn nochmal darauf hin, dass ich keinen festen Job hattte. Er sagte nur, dass ich trotzdem vorbeikommen könnte um über die Sache zu reden. Wir vereinbarten einen Termin und am nächsten Tag saß ich in seinem Büro. Ich muss dazu sagen, dass von den 30.000 die ich mitgebracht hatte nicht mehr viel übrig war.

Er fragte mich nochmal wieviel Geld ich haben wollte. Ich antwortete das Gleiche: ich wäre eigentlich ganz zufrieden, bräuchte keinen Kredit, wäre offiziell arbeitslos, verdiene aber mein Geld durch Straßenmusik und Pub-Gigs. Ja stimmt, erwiederte Dan, er hätte mich schon in der lane gesehen. Ich wäre gut und meine Musik würde ihm gefallen. Daher kam ihm mein Gesicht so bekannt vor. Danach schaute er sich nochmal mein Konto an und sagte, alles wäre völlig in Ordnung, mein Konto wäre sauber, Geld kommt rein, Geld geht raus, alles wunderbar. Also, er könnte mir 3.000 anbieten. Oder vielleicht 5.000?

Ich schaute ihn an und dachte mir, jetzt will ich's aber wissen. Ich sagte 10.000! Und schwupps hatte ich nächsten Tag das Geld auf meinem Konto. An den Zinssatz kann ich mich nicht mehr erinnern, war aber nicht so tragisch. Das ist übrigens der momentan laufende Kredit mit 200 Euro im Monat, von dem ich in meinem vorherigen Beitrag gesprochen habe.

Ein paar Tage später fuhr ich zum Autohaus Sheils, kaufte einen gebrauchten Ford Focus für 7.000 und gab meinen Fiesta für 1.000 Euro in Zahlung. Danach ging ich zu meinem Freund Phillip Walsh in den Musikladen und kaufte eine funkelnagelneue aktiv-PA von HK für 3.000. Somit waren die 10.000 Geschichte. War auch gut so, zumal ich eh nicht wusste was ich sonst mit dem Geld anfangen sollte.

Die PA kaufte ich wegen unserer Band. Der Witz an der ganzen Sache war, dass sich kurze Zeit später die Band auflöste und die PA niemals richtig genutzt wurde. Das ist jedoch eine andere Geschichte.

Der Focus war ein gutes Auto, an dem jedoch noch einige Kleinigkeiten auf Garantiebasis gemacht werden mussten. Diese Kleinigkeiten kosteten Sheils 2.000 Euro. Danach war das Auto Top! Ich erinnere mich noch, dass ich bei jeder Reparatur kostenlos ein Ersatzfahrzeug bekam. Bei meinem letzten Besuch in dieser Sache schlenderte ich durch die Verkaufshalle und da sah ich ihn, den Nissan X-Trail. Ich bat um eine Probefahrt und bretterte mit 190 Sachen die N18 Richtung Limerick runter. Danach gab ich meinen Focus in Zahlung und kaufte den X-Trail auf Finanzierungsbasis. Es tat mir leid um den Focus aber der hatte schon 150.000 Kilometer drauf. Sicherlich hätte ich ihn ein paar Jahre fahren können, doch dann wäre wieder ein Gebrauchter fällig gewesen. Der X-Trail hatte dagegen nur 35.000 Kilometer, war ein Diesel und sogut wie neu. Mein Traumauto, eine Mischung aus Gelände- und Sportwagen mit großer Ladefläche. Verlust machte ich beim Focus keinen. Er wurde für den gleichen Preis wieder zurückgenommen, den ich bezahlt hatte.

Obwohl ich damals sehr gut verdiente und Ella einen guten Job hatte, bekam ich bei der ganzen Sache ein flaues Gefühl im Magen. Denn plötzlich waren es nicht mehr 200 Euro Kreditabzahlung monatlich, sondern insgesammt 700 ... und das für die nächsten fünf Jahre! Trotzdem machte ich den Deal. Ich wollte das Auto unbedingt haben. Es kostete mich insgesammt 30.000 Euro! In Deutschland hätte ich nur die Hälfte bezahlt aber Irland ist nicht Deutschland. Wenn ich cleverer gewesen wäre, hätte ich bar bezahlt. Damit wären mir 6.000 Euro Zinsen erspart geblieben. Doch ich wollte die 100.000 auf einem anderen Konto nicht anrühren, was jetzt natürlich wie ein schlechter Witz klingt.

Das Geschäft lief damals sehr gut. Ich erinnere mich, dass ich einmal 1.000 Euro in der Woche nur mit Straßenmusik verdient habe! Mein accountant (Steuerberater) schüttelte nur ungläubig den Kopf. Ich machte mir keine zu großen Sorgen, zumal noch 100.000 Euro auf der Bank in Kroatien auf mich warteten. Die ließ ich dann auch kurzerhand nach Irland überweisen. Wir lebten wie die Maden im Speck. Die Banken hatten soviel Geld, dass auch der letzte Penner einen Kredit bekam und der Bankmensch seine fette Provision. Das alles passierte 2007, kurz bevor es anfing richtig bergab zu gehen.

Was die Sache mit dem "sich anpassen" angeht, meine ich damit nicht etwa nur dass man das Geld genauso aus dem Fenster schmeißt wie so mancher Ir(r)e, sondern dass Irland teuer ist und dass man deswegen letztendlich nur das kaufen kann was einem hier zu dem entsprechenden Preis angeboten wird. Take it or leave it. Ich weiß noch wie Ella und ich durch ganz Limerick gefahren sind und sämtliche Möbelhäuser nach einer Couchgarnitur abklapperten. Am Ende kauften wir eine Ledercouch für 1.000 Euro. Ausstellungsstück. Eine funkelnagelneue hätte das doppelte gekostet. Ich habe mir auch gebrauchte bei Leuten zuhause angesehen, die ein Haufen Geld für Schrott haben wollten. Heute sieht das vielleicht ein wenig anders aus, zumal es jetzt auch ein Ikea in Dublin gibt. Vor drei Jahren hatte man diese Möglichkeiten nicht.

Wie auch immer. Alles wäre nach Plan verlaufen, wenn uns nicht die Rezession einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Oder wie sagte mal mein Kumpel Jupp: "Alles geht, wenn's gut läuft!" Ich verdiene heute 300 - 400 Euro in der Woche und Ella ist arbeitslos. Sie macht gerade einen Kurs in childcare und bekommt 150 Euro die Woche. Wenn ich das Auto zurückgebe, haben wir erstmal 13.000 Euro weniger Schulden. Ist doch schon mal was!

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