Dienstag, 12. September 2017

Gamescom - willst du mit mir spielen?

Vor kurzem fand die jährliche Gamescom in Köln statt. Da hab ich einen Ausschnitt drüber im Fernsehen gesehen und dachte mir, geht's noch? Ich selbst bin ja kein Zocker. Konnte mich noch nie dafür begeistern. Ich spiele noch nicht mal Karten oder Brettspiele. Außer Schach. Bei Schach muss man sich anstrengen oder wie heißt es so schön: Schach ist Philosophie und Wissenschaft. Mit einfachen Worten: Man muss seinen Kopf anstrengen, um den Gegner platt zu machen. Da braucht man keinen Hochleistungsrechner außer seinem Hirn. Einige werden jetzt gähnend sagen: laaangweilig. Doch gerade was Computerspiele angeht ist das in meinen Augen pure Verschwendung von Zeit & Lebensenergie. Ja sicher, es gibt kreative Computerspiele für die ganze Familie und so. Sportspiele, wo man zuhause im Wohnzimmer vor dem Bildschirm rumhüpft und nicht rausgehen muss. Es gibt alles heutzutage und es kostet Geld. Vor allem gibt es Ballerspiele. Welche "normale" Mensch schließt sich fast 24 Stunden am Tag in seine Bude ein, lässt die Jalousinen runter und sitzt vor dem Rechner? Richtig: Zocker! Aber was ist schon "normal"? Heute geht alles. Da sitzt da irgendeine arme Sau 36 Stunden vor seinem Rechner und zockt freiwillig ohne Wasser und Brot. Irgendwann gibt er den Geist auf und fällt tot über seiner Tastatur zusammen. Freiwillig wohlgemerkt. Oder der Sohn der Nachbarin, der tagaustagein in seinem Zimmer zockt und sogut wie nie nach draußen geht, außer wenn die Mutter saubermacht. Dann steht er vor der Haustür und spielt mit dem Smartphone. Solche Leute sitzen später vielleicht in irgendwelchen Führungspositionen und erzählen anderen was sie machen sollen. Das muss man sich mal vorstellen. Aber egal, alles ist möglich. Alles ist normal oder auch nicht. Hauptsache es bringt Kohle.

Das Geschäft mit Computerspielen boomt und trotzdem meint irgendein hohes Tier bei der Gamescom der Staat müsste der Branche mit Subventionen unter die Arme greifen. Da dachte ich eben, geht's noch? Aber hey, der Staat wird das wahrscheinlich tun. Warum? Weil er solche Leute braucht, die nicht in der realen Welt leben, sondern in ihrer virtuellen. Der Staat braucht Menschen denen es völlig am Arsch vorbei geht, was da draußen wirklich passiert. Die noch nicht mal wissen wie Waldluft riecht und Vogelgezwitscher klingt. Jetzt werde ich wieder sentimental. Bleiben wir doch mal sachlich. Der Staat braucht Computernerds dringender als wie z.B. Klempner oder Fliesenleger. Will ja heute auch keiner mehr machen. Ist zu anstrengend. Lieber sitzt man schön bequem in seinem teuren Bürostuhl vor dem neuesten Computer und arbeitet kreativ. Später wundert man sich vielleicht warum es so lange dauert bis der Klempner kommt. Schließlich läuft der Wasserhahn schon seit Tagen nicht mehr richtig und keiner ist da, um ihn zu reparieren. Oder man wundert sich über die Rückenschmerzen. Man ist erst 25 und der Rücken fühlt sich an wie bei einem Rentner. Man wundert sich darüber, dass man zu fett geworden ist und geht ins Fitness-Studio, wo man an neuen Geräten trainiert. Man fährt mit dem Auto 10 Kilometer dorthin, um sich dan auf einem Ergometer abzustrampeln. Radfahren? Ja aber nur mit dem neuesten E-Bike für sage und schreibe 4.000 Euro. Das ist angesagt. Das ist Fortschritt. Man lässt sich Haare und Bart wachsen und macht sich ein kleines Zöpfchen, eine Samuraifrisur. Also ung. so:



Man lässt sich piercen und tätowieren damit man tough und cool rüberkommt. Die Klamotten, die man trägt sind natürlich auch cool. Man hält Vorträge bei irgendwelchen Seminaren übers ganze Land verteilt und fühlt sich wie ein Rockstar. Ein Star der Branche. Das IST cool. Hauptsache die Kohle stimmt. Man denkt kreativ und angestrengt darüber nach, wie man noch mehr Kohle machen kann. Erfolgreich kreativ oder kreativ erfolgreich. Wie man's nimmt. Und wenn die Frau zuhause den Haushalt machen muss, weil die Putzfrau gerade nicht kann und sie einen dann zum Einkaufen schickt, verfährt man sich orientierungslos hoffnungslos. Am iPhone erklärt sie dann ihrem genervten Rockstar geduldig, wie er am schnellsten zum Aldi kommt oder die Tochter vom Kindergarten abholt. Gottseidank hat man das aktuelle iPhone. Damit kann man alles machen.

Zwischendurch hat man vielleicht doch das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt in der Welt dort draußen und schließt sich Anonymous an. Man korrespondiert interaktiv mit den Mitgliedern, macht Pläne, beschließt Taktiken und denkt, man bewegt was. Insgeheim weiß man jedoch, dass das alles im Grunde nichts bringt aber macht es trotzdem wegen dem guten Gefühl dabei. Und wenn man ganz clever ist weiß man auch, dass genau dieses Geschäft in welchem man sein Geld verdient, ein Teil des Problems ist.

Oder man wird Vegetarier, weil die Viecher einem leid tun. Doch wenn das eigene Geschäft brummt und man vor lauter Arbeit nicht mehr weiß wo einem der Kopf steht, lässt man ganz schnell die Finger von solchen kulinarischen Experimenten und isst aus Zeitmangel den gleichen Fraß, den alle anderen auch essen.

Der neueste Trend sind Escape Rooms mit Portalen, Wurmlöchern und sonstigem Schnickschnack, wo Spieler nicht zuhause vor dem Rechner sitzen, sondern sich in einem richtigen Gebäude kniffligen Herausforderungen stellen. Dort gibt es Räume, die entsprechend eingerichtet sind. Also ein Spielplatz der besonderen Art. Das Geschäft läuft gut, der Terminkalender ist voll. Mittlerweile überlegen sich einige so ein Ding aufzuziehen, wissen aber noch nicht wie. Schließlich geht es hier um mehr als wie zuhause einen Games Room einzurichten. Man Braucht ein Gebäude, das Inventar, die Belegschaft und vor allem Geld. Da muss man seinen Arsch auch mal bewegen und nicht nur rumsitzen. Wenn garnichts geht sind da immer noch Mami und Papi, die einem finanziell unter die Arme greifen.

Letztendlich geht es einfach nur darum der Realität zu entfliehen und sich in eine Welt zu beamen, die es so in der Wirklichkeit nicht gibt. Dafür bezahlt man richtig Geld. Der Staat profitiert und fördert das Ganze. Ein Spaß, der allen was bringt, sogar dem Klempner.

Worauf ich hinaus will: hier wird ganz gezielt eine Generation von Realitätsverweigerern gezüchtet. Dieser Trend zieht sich wie ein roter Faden durch die heutige Gesellschaft. Nicht nur dass die Massen konsumieren wie blöd. Sie funktionieren auch wunderbar. Brot und Spiele oder wie heißt es in der Mediamarkt-Werbung: Hauptsache ihr habt Spaß.

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