Samstag, 16. Juli 2011

Dún Na Hinse

Ausgesprochen: Dunn Na Hinscha. Weiß noch nicht was das heißt. Auf jeden Fall ein ziemlich großes Estate, das letzte an der Lahinch Road auf der linken Seite wenn man aus Ennis rausfährt, kurz vor dem Kreisel des westlichen Bypass. Hier findet man alles was das Herz begehrt: Iren, irische Traveller, Osteuropäer, Afrikaner. Jetzt auch Deutsche.

Wenn mich die Leute fragen wo wir hingezogen sind und ich es ihnen sage, schlagen die meisten die Hände überm Kopf zusammen! Es ist nicht Bevery Hills, denn von dort kommen wir her. Trotzdem gibt es schlimmere Estates in Ennis wie z.B. Cloughleigh, wo die Leute mit Hackbeilen aufeinander losgehen.

Dún Na Hinse: Vor ung. 2 Jahren gab es im Haus gegenüber eine Schießerei. Danach wurden alle Fensterscheiben eingeschlagen und es dauerte Wochen bis diese wieder repariert wurden. Eine Fehde zwischen Travellern. Jetzt wohnt dort eine andere Traveller Familie. Vor drei Tagen hörte ich spät abends einen fürchterlichen Lärm. Ich wollte gerade ins Bett als die Hunde anfingen zu bellen wie verrückt. Ich ging rüber ins andere Zimmer und schaute aus dem Fenster: unten stand eine Gruppe von Travellern. Zwei Frauen gingen aufeinander los, rissen sich gegenseitig die Haare aus und die Klampotten vom Leib. Es flogen im wahrsten Sinne des Wortes die Fetzen! Kleine Kinder standen drum herum, weinten und schrien. Eins davon hatte seine Windel verloren und war splitternackt. Die Männer standen ebenfalls nur rum, machten auf Schiedsrichter und genossen die Show. Nachdem ich mir das eine Weile angesehen hatte, machte ich das Fenster und die Vorhänge zu.

Die erste goldene Regel in Sachen Traveller: misch dich niemals ein!

Selbst wenn du siehst, dass der Mann seine Frau halbtot schlägt. Misch dich nicht ein! Denn solltest du, wirst du zu ihrem Problem. Am nächsten Tag sind die beiden wieder ein nettes sich liebendes Liebespaar, deine Fensterscheiben sind jedoch alle eingeschlagen und die Scheiben deines Autos ebenso!

Die zweite goldene Regel: versuche niemals ihr Freund zu sein!

Sei nett und freundlich, sag "hallo, wie geht's, schöner Tag heute" etc. aber vermeide es richtig warm mit ihnen zu werden. Sonst kommen sie dich besuchen: es klopft an der Tür, du machst auf und sie spazieren mit einer Horde von Kindern direkt and dir vorbei in dein Haus! Du kriegst sie nicht mehr los.

Soweit ich das bis jetzt beurteilen kann heißt es hier im Viertel leben und leben lassen. Ein Leben in friedlicher Koexistenz. Die Kinder spielen miteinander und die Eltern sagen hallo. Ansonsten bleibt man unter sich.

Unsere Nachbarn right next door sind Iren und Schotten. Total nette Leute. Sie waren froh als wir einzogen und erzählten uns Horrorstorys über die Vormieter: ein amerikanisches Paar, das hier neun Monate wohnte: Neighbours from hell! Er schlug sie windelweich und sperrte sie in einem Raum im ersten Stock. Sie schrie und rüttelte an der Tür die ganze Nacht. Die Gards (Polizei) wurden unzählige male gerufen, konnten aber im Endeffekt überhaupt nichts ausrichten. Als wir einzogen fanden wir Blutspuren an den Wänden und am Türsockel. Es sah aus als hätte eine Bombe eingeschlagen und dauerte zwei Wochen bis das Haus wieder bewohnbar gemacht werden konnte. Die beiden Zuckersüßen hatten sechs Monate keine Miete mehr bezahlt und sind verschwunden. Er ist Schlagzeuger und es kam nicht selten vor, dass er mitten in der Nacht im Wohnzimmer anfing zu trommeln!

Der Hit: ich kannte beide von der lane, wusste jedoch nicht wer sie waren oder wo sie wohnten! Als sie eines Tages mit total demolierten Gesichtern auftauchten und ich fragte, ob sie einen Autounfall gehabt hätten, gaben sie vor von den Nachbarn verprügelt worden zu sein. In Wahrheit sind sie sich gegenseitig an die Gurghel gegangen! So erzählten uns die Nachbarn.

Ich fühle mich hier mittlerweile total wohl. Meine Befürchtung nicht genügend Bewegungsfreiheit für die Hunde zu haben erwies sich als unbegründet. Das Haus ist groß genug. Gleich hinter dem Estate liegt eine große Wiese, wo wir jeden Tag Gassi gehen. Dort hält ein Traveller sein Pony. Er kümmert sich zwar nicht darum, dafür aber die Leute aus dem Estate. Ich bringe dem Pferdchen jeden Tag Wasser und was zu futtern. Ab und zu lasse ich es auch von der Leine. Gestern ist es zusammen mit den Hundis einmal ums Feld gallopiert.

Auch was die Ummeldung in Sachen Mülltonnen und Internet angeht, lief alles schnell und ohne Probleme. Internet hatte ich innerhalb einer Woche. Die Sachbearbeiterin ruft immer noch jeden Tag an und fragt ob alles in Ordnung wäre. Das nenne ich guten Service! Nur der Strom wurde zwischendurch für einige Tage abgestellt, weil unsere Vormieter die Rechnungen nicht bezahlt hatten und ich nicht schnell genug war mit der Ummeldung. War aber auch kein Problem: unsere Nachbarn boten sofort an eine Leitung zu legen! Ich musste mich nur einmal kalt duschen. Der Strom war dann innerhalb von zwei Tagen wieder da.

Das Haus hat übrigens ein Wohnzimmer mit Kamin, drei Schlafzimmer (davon eins mit Bad), eine Wohnküche, Badezimmer,Garten und kostet nur €500 Kaltmiete im Monat! Mit dem Auto ist man innerhalb 30 Minuten am Strand! Wo findet man so etwas in Deutschland?

Wer jetzt behauptet ich würde nur negativ über Irland schreiben, der kann mich mal ...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.