Sonntag, 28. Juli 2019

Wenn man nichts erlebt und keine eigenen Geschichten zu erzählen hat

... dann erfindet man eben welche. So oder so ähnlich zimmern sich einige Zeitgenossen ihr eigenes Weltbild und das manchmal mit großem Erfolg. Der eine oder andere wird von Claas Relotius gehört haben, dem Spiegel-Reporter, der im Grunde nur Scheiße geschrieben hat, frei erfunden und dafür mit Preisen überhäuft wurde. Nicht dass es mich überrascht hätte, denn viele seiner Zunft schreiben Müll im großen Stil. Kann man jeden Tag lesen, sofern einem davon nicht schlecht wird.

Heute kam mir jedoch ein Fall zu Ohren, der mich aufhorchen ließ, da es u.a. auch was mit Irrland zu tun hat. Eine gewisse Marie Sophie Hingst, Bloggerin und Historikerin, hat den Löffel abgegeben. Man fand sie tot in ihrer Wohnung in Dublin. Ein Fremdverschulden wird von der Polizei ausgeschlossen und ihre Mutter geht von Selbstmord aus.

Marie Sophie Hingst wurde durch ihre Erzählungen über ihre eigene – angeblich jüdische – Familiengeschichte und deren 22 Holocaust-Opfer bekannt. Auf Podien und Tagungen trat sie in der Doppelrolle als Historikerin und angebliche Nachkommin verfolgter Juden auf. Außerdem behauptete sie eine Sexual-Aufklärungskampagne für junge, indische Männer in einer von ihr gegründeten Slumklinik in Neu Delhi und für männliche, syrische Flüchtlinge in einer deutschen Arztpraxis gegründet zu haben. Nichts davon ist wahr. Als bekannt wurde, dass alles erstunken und erlogen war, ließ sie über ihren Anwalt mitteilen, dass die Texte ihres Blogs "ein erhebliches Maß an künstlerischer Freiheit" für sich in Anspruch nähmen.



Kurz vor ihrem Tod beklagte sie sich in einem Interview darüber, dass der Spiegel ihre Falschaussagen öffentlich gemacht habe und sie sich deshalb wie "lebendig gehäutet fühle".

Mal abgesehen davon, dass namhafte, deutsche Zeitungen vor dem Bekanntwerden ihrer Lügen sie hofierten und hinterher dementieren und löschen mussten, dass ihr der Preis zur "Bloggerin des Jahres 2017" aberkannt und sie im Ausland zurecht von den Medien zerrissen wurde, ist es jetzt wieder mal irgendein deutscher "Journalist", der das alles zu relativieren versucht indem er die Frage aufwirft, ob es richtig wäre eine Person mit psychischen Störungen zu stigmatisieren und zu verurteilen. "Rücksicht" und "Sorgfaltspflicht" waren hier die Begriffe, soweit ich mich erinnere und mir kamen die Tränen ... vor Lachen.

Nun, ich bedaure, dass Marie Sophie Hingst Selbstmord begangen hat. Viel lieber wäre es mir gewesen, sie wäre für das, was sie da verzapft hat für lange Zeit in eine geschlossene Anstalt gewandert. Ich weiß, ist nur Wunschdenken, denn die Realität sieht anders aus:

In Deutschland werden Lügner belohnt und mit Preisen überhäuft, während diejenigen, die die Wahrheit sagen bestraft, zensiert, mundtot, gebrandmarkt werden und manchmal auch in den Knast wandern bzw. auf Bewährung über ihre Aufrichtigkeit nachdenken dürfen.

Ist vielleicht ein wenig übertrieben bzw. voll daneben und manch einer wird jetzt denken, der Nenad kann's einfach nicht lassen aber wisst ihr woran ich bei der ganzen Sache zuerst denken musste? Welche Frage mir sofort in den Sinn kam? Das Dumpfbackenforum ... und ob diese arme Seele dort wohl Mitglied war?

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