Donnerstag, 1. Dezember 2011

Irish Traveller - Teil II


Dale Farm

Als Ella letztes Jahr einen Kurs in childcare (Kinderbetreuung) belegte, musste sie auch ein Art Praktikum machen. Dazu arbeitete sie drei Monate in der relativ neuen crèche Clare Family Resource Centre in der Watery Road. Zusammen mit Betreuerinnen aus Irland, Polen und Afrika kümmerten sie sich um Kinder aller Nationalitäten im Alter von 3 Monaten bis 5 Jahren. Darunter gab es auch Traveller-Kids.

Diese crèche wurde vor ein paar Jahren neu gebaut ... und steht genau neben ein paar alten Häusern, die von Travellern bewohnt werden. Gleich daneben und auf der gegenüberliegenden Straßenseite befinden sich brachliegende Grundstücke wo Traveller ihre Pferde halten. Die Öffnungszeiten der crèche sind 8.00 - 17.30 Uhr und oft war es so, dass Traveller ihre lieben Kleinen punkt 8 Uhr dort ablieferten und abends eine halbe Stunde zu spät um 18.00 Uhr wieder abholten. Verpflegung, Windeln, Schuhe und Ersatzklamotten müssen die Eltern schon selber mitbringen. Zwischendurch hatten die kleinen jedoch außer einer Packung weißes Toastbrot nichts zu essen. Es gab auch keine Ersatzwindeln, d.h. wenn mal so ein Zwerg sich in die Hose machte, musste er den ganzen Tag in der dreckigen Windel rumlaufen. Täglich bekamen die Mütter abends eine Standpauke darüber gehalten, dass ihre Kinder besser versorgt werden müssten. Sie hörten sich das mit stoischer Miene an und am nächsten Tag war alles wieder so wie vorher.

Eine der Familien wohnte direkt neben der crèche. Wenn die Kinder draußen spielten und der Junge seine Mutter sah, brach er in Tränen aus. Die Mutter kümmerte das kein bisschen. Draußen spielen bedeutet sich im Schlamm suhlen, während die Betreuerinnen drummherum stehen und zugucken. Drinnen behalten die Kinder ihre Schuhe an. Es gibt keine Teppiche, Kissen oder Sitzecken wo man sich gemütlich mit den Kindern beschäftigen könnte. Die Kinder stehen, laufen, sitzen, liegen auf blankem Parkettfußboden. Die Betreuerinnen stehen drummherum.

Vor und nach dem Essen wurden den Kindern nicht die Hände gewaschen. Zu essen gab es wie gesagt das, was die Eltern mitbrachten. Am besten verpflegt waren Kinder aus Afrika und Osteuropa mit belegten Broten, Gemüse und Obst. Am schlechtesten die irischen- und Traveller-Kinder. Sie aßen all das, was man als Kind nicht essen sollte: trockenes, weißes Toastbrot, chinesische Nudeln ohne irgendwas, Süßbapp. Selbst von den Betreuerinnen wurden die Kleinen mit Süßbapp gefüttert, nämlich als Belohnung. Wenn sie nicht hörten, gab es kein treat!

Wie gesagt, das sind Kinder im Alter zwischen 3 Monaten und 5 Jahren. Ella brach es fast das Herz. Sie musste sogar einmal die crèche wechseln, weil sie die Zustände nicht ertragen konnte. Nach deutschen Maßstäben ist das Entwicklungsland. Von außen betrachtet sehen die neuen Kindergärten cool aus. Was jedoch drinnen abgeht ist eine andere Sache.

Zurück zum Thema: Traveller-Kids wird schon von klein auf beigebracht stolz auf ihre Herkunft zu sein. Der kleine Anthony sieht aus wie sein dad: Militärhaarschnitt, coole Jeans, karriertes Hemd über der Hose, Timberland-Boots. Die kleine Rebecca sieht aus wie eine Prinzessin. So sehen sie aus wenn die Eltern Geld haben und sich um sie kümmern. Wenn nicht, läuft Anthony in einem zerfledderten Trainingsanzug durch die Gegend, Hose in die Socken gesteckt mit zerfetzten Turnschuhen. Rebecca trägt irgendeinen Fetzen aus Penneys. Zu essen gibt es in der Regel Pommes oder Süßbapp aus dem €2 Shop. Es ist ja nicht so, dass sie ihre Kinder nicht lieben. Sie lieben ihre Kinder über alles. Doch das Leben eines Travellers ist hart und so ist das leben ihrer Kinder. Oft überlässt man sie sich selbst, so ganz nach dem Motto: "Ah, he'll be alright!" Ähnlich verhält es sich bei armen irischen Familien.

5 Kommentare:

  1. Sie können sich glücklich schätzen, dass die Traveller in einem Land wie Irland leben. In manch anderem Land würde an sie als Asoziale ansehen und in ein Umerziehungslager stecken.

    Kinder unter solchen Umständen aufwachsen zu lassen ist sträflich, anzunehmen "sie lieben ihre Kinde über alles" ist zwar löblich, in diesem Fall aber wohl illusorisch.

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  2. In Irrland zählt man sie ja auch zur irish herritage ...

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  3. Wie auch die phytophthora infestans und die An Gorta Mór.

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  4. Manche haben ihre Kinder zum fressen gern. Siehe hier. Traurig aber wahr ...

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