Donnerstag, 8. Juli 2021

Quo vadis Europa?

Unsere Art zu leben ist Erinnerung

"Nach dem Attentat von Würzburg, bei dem Unschuldige von einem Somalier bestialisch ermordet wurden, ist der Aufreger der Woche nun der Hinrichtungsversuch per Kopfschuss, dem der holländische Journalist Peter de Vries zum Opfer fiel. Nach ersten Berichten liegt die Vermutung nahe, dass hier ein Auftragskiller einer marokkanischen Drogenmafia tätig wurde. Vom in Haft befindlichen Ridouan Taghi ist seit Längerem eine Todesliste bekannt, von der bereits in den vergangenen Jahren „einiges abgearbeitet“ wurde. De Vries, prominenter Berater eines Kronzeugen im Prozess gegen Taghi, stand nun offenbar als Nächster im Wege. Einer der Vorfälle, die an der öffentlich sichtbaren Schnittstelle zwischen Halbwelt und bürgerlichem Alltag stattfinden und deshalb noch Unruhe aufkommen lassen.

Wer Zeitungsmeldungen verfolgt, fand in den letzten Tagen zahlreiche weitere Morde und Mordversuche. In Deutschland und den Nachbarländern. Taten, die nur deshalb im jeweiligen Lokalteil der Berichterstattung abgehandelt wurden, weil sie sich innerhalb bestimmter Milieus abspielten. So zum Beispiel, die eines Eritreers, der in einer Dresdner Plattenbausiedlung zwei Kinder unter Alahu Akbar-Rufen mit Machete und Messer bedrohte, unmittelbar danach zwei Iraker angriff, einen davon verletzte und nun in Untersuchungshaft auf die Ergebnisse seiner Psychoanalyse wartet. Ein Fall bei dem die „Ermittler selbstverständlich schon jetzt „eher kein islamistisches Motiv“ sehen wollen. Man kann davon ausgehen, dass mit bewährter Routine und vor allem der geeigneten Schere im Kopf ermittelt und dann festgestellt wird, dass Messerangriffe per se auf eine irgendwie schräge Psyche hinweisen. Bald schon wird auch dieses, latent empörungsträchtige Ereignis im Alltagsgedröhne verschwunden sein. Klar, von Kriminellen, Fanatikern und Soziopathen gemordet wurde schon immer und fast überall, aber die innere Sicherheit ist eben eine, die innen, nämlich in unseren Köpfen stattfindet. Oder eben nicht mehr stattfindet. Und sie ist - sicherstes Deutschland aller Zeiten hin oder her - aus sehr rationalen Gründen bei den meisten unwiederbringlich verschwunden. Darunter auch bei Vielen, deren Lethargie und Begriffsstutzigkeit die Voraussetzung für ebendiese Entwicklung bildet.

Längst haben auch die letzten Streitbaren aufgehört, die Vielzahl solcher Taten auflisten zu wollen. Und staatliche Stellen in Deutschland haben aus nachvollziehbaren Gründen nie angefangen, ihr eigenes Versagen statistisch zu erfassen. Sie beschäftigen sich mit lieber mit Feindbildern, die uneingeschränkten Beifall auf gesellschaftlich akzeptierten Schlachtfeldern erwarten lassen. So bemüht man sich mit Nachdruck, den programmatisch importierten und inzwischen überall sichtbaren Antisemitismus arabischer Provinienz von der Bildfläche verschwinden zu lassen. Das gelingt, indem man ihn in einem Meer von Holocaustverharmlosungstatbeständen schon länger hier Lebender ersäuft, die dann gleichsam unter der Rubrik Antisemitismus öffentlich angeprangert werden können. Dazu erfasst man beispielsweise kurzerhand Bürger, die auf Coronademos mit ‚Ungeimpft‘-Aufnähern oder in KZ-Uniformen auf befürchtete Stigmatisierungen aufmerksam machen wollen. Über die Eloquenz solcher Selbstinszenierungen kann man geteilter Meinung sein - aber aus einer Gleichsetzung von Naziopfern mit der eigenen Rolle als Impfskeptiker den juristischen Tatbestand des Antisemitismus zu konstruieren ist grotesk. Findet allerdings genauso statt und ist nur eine unter vielen Möglichkeiten, Gelder in Institutionen umzuschaufeln, die sich heute mit jeder Art von Opposition und allzu forsch eingeforderten Bürgerrechten beschäftigen.

Was dem Wachgebliebenen noch bleibt, sind gelegentliche kommentierende Einordnungen des gesellschaftlichen Niedergangs. Eine Chronistenpflicht mit Ventilfunktion. Wir beschreiben - zunehmend leidenschaftslos und zunehmend sarkastisch - was wir sehen. Nämlich wie sich unser Leben Tag für Tag verändert. Immer seltener zum Besseren. Das Vordringen von organisierter Kriminalität und Korruption, die Verwahrlosung der öffentlichen Räume, die unfassbare Veruntreuung von Steuergeldern, das Ersetzen von Wettbewerb durch omnipräsente, staatliche Wegelagerei, der weitgehend widerspruchslose Entzug bürgerlicher Rechte unter dem Deckmantel des Infektionsschutzes, bei dem inzwischen weder die Auslastung der erstaunlich kreativen Intensivmedizin noch die konkreten Erkrankungsrisiken noch irgendein sonstig nachvollziehbarer Faktor irgendeine Rolle spielen dürfen. Dazu die Orientierungslosigkeit oben wie unten, wenn es darum geht, einen Zusammenhang zwischen fehlender Bildung, sozialem Zerfall bis hin zum russischen Roulette der europäischen Administration herzustellen. Und so blühen die Auswanderungsphantasien der Verzweifelten und werden immer öfter in die Tat umgesetzt. Zu befürchten ist allerdings, dass die globale Entwicklung weg von Demokratien, hin zu einer staatswirtschaftlichen Kastengesellschaft aus Mächtigen und Ohnmächtigen an nationalen Grenzen nicht auf Dauer haltmachen wird.

Quo vadis Europa?"

Rocco Burggraf

Die Ballade von Jenny und ihrem Stecher



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