Mittwoch, 11. August 2010

Musik: Oberursel

Steve Morse

Natürlich hatte ich ein neues Vorbild: Steve Morse. Es gab noch andere E-Gitarristen, die ich gut fand und immer noch gut finde: Jimmy Hendrix, Eric Clapton, Joe Satriani, Steve Lukather, Robben Ford etc. Doch Steve Morse hatte es mir besonders angetan. Seine Spieltechnik ist beeindruckend und die ersten beiden Soloplatten Introduction und Steve Morse Band sind für mich auch heute noch die Besten. Anspieltipp: General Lee.

Hier ging es mir weniger um das genaue Nachspielen, als vielmehr ums Zuhören. Natürlich lernte ich ein paar licks, doch man kann auch viel lernen indem man einfach nur zuhört. Robben Ford kam mit seiner Platte Talk To Your Daughter raus und jeder den ich kannte war begeistert. Auch Garry Moore mit Still Got The Blues war ganz obenauf. Die 80er waren ja bekanntermaßen die Jahre der Dauerwellen- und der engen Lederhosen tragenden Heavy Metal Fraktion. Es war auch wieder die Zeit der Guitar-Heroes. Die Musikläden waren vollgestopft mit neuem Equipment und jeden Monat kam was neues auf den Markt. Selten war was dabei, das man wirklich gebrauchen konnte. Ich hatte damals schon tonnenweise Equipment. Beim Proben oder Auftritt standen locker mal 10.000DM hinter mir! Es war einfach nur der Wahnsinn! Ich hatte so viele E-Gitarren, Verstärker und Effektgeräte, dass ich teilweise den Überblick verlor. Von dem Geld das ich dafür ausgegeben habe, hätte ich eine sehr lange Weltreise machen können.

Der Grund dafür lag u.a. in Oberursel. Dort lernte ich nämlich Rolf Bingenheimer kennen. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Thomas Kortmann betrieb er die Firma Bingenheimer&Kortmann (B&K). Sie stellten hervorragende Custom E-Gitarren her. Außerdem hatten sie einen kleinen Gitarrenladen. Rolf war der Verkäufer und Thomas der Gitarrenbauer. Ich kam da hin weil ich einen Verstärker kaufen wollte und blieb dort mehr als 10 Jahre Kunde. Rolf war eine "Konifere"! Er war ein toller Gitarrist, kannte sich mit allem aus und kannte Gott und die Welt. Durch ihn lernte ich mehr über Gitarren, Verstärker und Sound als sonstwo. Dadurch dass ich jede Woche in Oberursel Straßenmusik machte, war ich immer in seinem Laden. Mit der Zeit wurden wir echt gute Freunde. Außerdem gab es da noch Harry, einen alten Oberurseler. Zu dritt hingen wir rum, quatschten über alles mögliche, erzählten Storys, Jokes, Frauengeschichten. Es war einfach eine geile Zeit! Am Wochenende ging ich mit Rolf joggen. Er war Marathonläufer und manchmal joggten wir stundenlang durch den Taunus. Bei sich zuhause hatte er ung. 100.000DM um sein Schlafzimmerbett stehen: alles alte und sehr wertvolle Gitarren von Fender und Gibson. Harry und ich machten uns immer darüber lustig und zogen ihn damit auf indem wir behaupteten, er würde jeden Morgen mit einem Ständer aufwachen und sich vor dem Aufstehen einen runterholen, weil soviele geile Geräte um sein Bett rumstanden!

Rolf war auf der einen Seite ein knallharter Geschäftsmann. Auf der anderen Seite konnte es passieren, dass er einem guten Freund einfach mal so eine Gitarre schenkte! Ich und noch ein anderer "Kollege" mit dem Namen Stefan Raab (nein, nicht DER Stefan Raab) waren wohl die einzigen, mit den meisten B&K Gitarren überhaupt. Rolf stieg irgendwann aus dem Geschäft aus. Ich habe ihn danach kaum noch gesehen, denke aber auch heute noch oft an ihn und vermisse ihn als Freund.

1987 rief mich ein alter Bekannter an: Bernd Stolle, den ich noch aus der Zeit kannte als ich mit 16 anfing Gitarrenunterricht zu geben. Es war damals sein Kurs den ich übernahm und somit als Schüler 1.000DM im Monat verdienen sollte! Bernd, ebenfalls ein super Gitarrist und Musiker arbeitete bei Musik Meyer in Marburg als Vertriebsleiter für Marshall Amps, Music Man- und Ovation Gitarren. Er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte auf der anstehenden Musikmesse in Frankfurt Ovation Gitarren vorzuführen. Außerdem würde ich zusammen mit Steve Morse und Albert Lee vorführen! Natürlich sagte ich mit Begeisterung zu!

Ein paar Wochen später war es dann soweit: ich war auf der Musikmesse auf dem Stand von Musik Meyer und lernte Steve Morse und Albert Lee persönlich kennen. Lee war in den 70ern der Haus- und Hofgitarrist von Eric Clapton (Anspieltipp: Just One Night) und ist wohl einer der nettesten Menschen, die ich jemals getroffen habe. Als ich dann die erste Nummer spielte, stand er vor der Bühne und hörte aufmerksam zu. Ich glaube ich war in meinem ganzen Leben noch nie so aufgeregt! Albert Lee gehört zu den weltbesten Country Gitarristen und hat schon mit unzähligen Stars zusammengespielt. Sein Gitarrenstil ist legendär. Für mich war es eine Ehre und es waren die wohl fünf glücklichsten Tage meines Lebens.

Ich arbeitete noch eine zeitlang als Ovation Endorser und tourte mit Bernd durch Deutschland. Außerdem entwarf ich Akustikgitarren-Sounds für die Firma Korg. Es war sehr einfach an gute Jobs ranzukommen sofern man die richtigen Leute kannte. Die Aufträge kamen mir einfach so zugeflogen. Das ging ung. ein Jahr so weiter. Doch dann gab es Probleme. Bernd wechselte die Firma. Ich wollte mehr Arbeit in meine Band investieren. So schön alles angefangen hatte, hörte es auch wieder auf.

Ich denke, die Zeit zwischen 1985 - 89 war die aufregendste überhaupt. Bis zum 19. Februar 1989, um genau zu sein.

Dann starb mein Vater.

4 Kommentare:

  1. Gibt es Rolf Bingenheimer noch???

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  2. Ich hab keine Ahnung! Es ist ung. 10 Jahre her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Damals wohnte er irgendwo in Bad Homburg und war Hausmeister ...

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    1. Hi Nenad,
      Rolf Bingenheimer ist leider verstorben.
      Die Beisetzung findet 07.04.2017 in Oberursel Hauptfriedhof statt...Ernst Keinz

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    2. Ja das weiß ich. Wenn alles klappt, bin ich am Freitag da.

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