Donnerstag, 21. Januar 2010

Busking II

Zwischendurch ging ich fuer ein paar Monate in die USA. Ein Tripp wie ein Roadmovie: ich tingelte kreuz und quer durch das Land auf der Suche nach Abenteuern. Wurde auch nicht enttaeuscht. Alleine darueber koennte man ein Buch schreiben. Noch heute bereue ich, dass ich nicht laenger geblieben bin. Vielleicht fuer den Rest meines Lebens? Die Chance hatte ich und habe sie nicht genutzt!

Ab ung. 1992 spielte ich dann Strassenmusik fulltime. Kein Gitarrenunterricht mehr. Ein paar Jahre vorher viel die Berliner Mauer. Wo vorher Suedamerikaner spielten, tauchten ploetzlich Polen, Russen und Tschechoslowaken auf! Die Jungs waren bestens organisiert und nach und nach gingen die guten Plaetze verloren. Irgendwann hoerte man nur noch Kalinka und Blasmusik aus Boehmen und Maehren! Ich versuchte so gut wie moeglich ueber die Runden zu kommen, was mir aber immer weniger gelang. Ich unterhielt mich mal mit einem Polizisten darueber. Er erzaehlte, dass die russische Mafia diese Leute in ganz Russland einsammelte. Man brachte sie mit Flugzeugen nach Moskau und von dort mit Bussen in den Westen. Tagsueber spielten sie sich die Finger wund und man nahm ihnen regelmaessig das bischen verdiente Geld ab. Dafuer hatten sie Unterkunft, was zu essen, Taschengeld und vor allem: Vodka! Natuerlich waren diese Menschen in Deutschland besser dran als da, wo sie herkamen.


Kurz vor der Jahrtausendwende
war dann Schluss mit der Benutzung meines Verstaerkers in der Fussgaengerzone. War niemals erlaubt aber jetzt schauten die Ordnungshueter genauer hin. In Bad Homburg z.B. wurde es ziemlich eng fuer einen Strassenmusiker: man musste den Platz alle 15 Minuten wechseln! Als ob einem die Leute dann mit dem Geld hinterherlaufen!

Das Beste habe ich aber in Bad Orb erlebt: nachdem ich dort schon Wochen gespielt hatte, wurde ich eines schoenen Tages zum Herrn Krieger in’s Ordnungsamt bestellt. Der wollte meinen Reisegewerbeschein sehen. Natuerlich hatte ich keinen. Nicht weil ich keinen haben wollte, sondern weil ich keinen brauchte. Ich verkaufe keine Ware. Also brauche ich auch keinen Gewerbeschein. Der wollte aber nix davon hoeren und drohte mir, mich naechstes mal einzusperren! Ich mied Bad Orb fuer eine gewisse Zeit. Spaeter spielte ich wieder dort, musste aber 10 Euro zahlen.

Die Fussgaengerzone ist ein Freiraum, ein Ort der Komunikation, wo man sich trifft, sich miteinander austauscht und auch Musik spielt. Das ist die Grundregel. Deshalb kann man die Strassenmusik auch nicht verbieten. Doch jede Stadt stellt ihre Sonderregeln auf, die wiederum ueberall anders ausfallen und einem Busker das Leben schwer machen. Nach einer gewissen Zeit weiss man wo Strassenmusiker nicht so gerne gesehen werden. Herr Krieger aus Bad Orb hatte sich da einen Orden verdient.

Das Leben eines Buskers ist voller Hoehen und Tiefen ... und Ueberraschungen. Es gab schon Schlaegereien, ich wurde von einem anderen Busker mit der Waffe bedroht, mein Hund wurde angefahren, ich hab mein Auto zu Schrott gefahren, habe mich mit Polizisten, Starfzettelverteilern und Sicherheitsbeamten gefetzt, habe an Orten gespielt, wo vorher noch niemand gespielt hatte (Raumschiff Enterprise ... ich weiss). Man hat versucht mir mitten im Winter in Frankfurt auf der Bergerstrasse aus dem obersten Stock eines Wohnhauses einen Eimer Wasser ueberzugiessen! Ging dann aber gluecklicherweise wegen dem Wind ein paar Meter daneben. Ich habe die verruecktesten Leute getroffen. Freunde gefunden und wieder verloren.

Es war immer spannend und um es mal mit Edith Piafs Worten zu sagen: Non, je ne regrette rien ... oder nur wenig.

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