Als ich vor fuenf Jahren nach Irland kam, hatte ich meinen ersten Gig in einem Pub in Wexford. Ich tingelte damals mit Rucksack und Gitarre durch die Gegend und an einem Samstag Nachmittag machte ich Strassenmusik genau gegenueber besagtem Pub. Die Leute kamen raus und luden mich ein am Abend zu spielen. Es war eines der schoensten Erlebnisse und ich dachte mir: Das ist also die vielgeruehmte, irische Gastfreundschaft!
Spaeter in Ennis sass ich eines Abends in der “Diamond Bar” wo gerade drei Musiker spielten. Ich kann mich noch an deren versteinerte Gesichter erinnern und dachte mir: Mein Gott Jungs, was ist denn euch ueber die Leber gelaufen?! Den ersten, richtigen Auftritt hatte ich dann in den “Barge Rooms”. Ich weiss noch, dass ich versuchte das Ganze so aufzuziehen wie in Deutschland: ich wollte die Leute zum mitmachen/mitsingen animieren. Doch keine Chance, niemand kuemmerte sich drum! Schnell wurde mir klar, dass es hier so nicht laeuft. Mir vielen die drei Musiker in der “Diamonds Bar” wieder ein und da wusste ich, warum die so einen zerknirschten Eindruck gemacht haben.
Die Regel ist ganz einfach: Man spielt in einem Pub und es interessiert kein Schwein!
Das soll frueher aber anders gewesen sein. Gerade neulich unterhielt ich mich darueber mit einem Bar-Manager, der schon seit ueber 20 Jahren in dem Business arbeitet. Er erzaehlte, schuld an der heutigen Misere waeren unter anderem auch die Musiker. In Zeiten als der Celtic-Tiger boomte, schossen Pubs an jeder Ecke wie Pilze aus dem Boden. Musiker hatten damals nicht nur zwei Gigs an WE, sondern oft zwei Gigs an einem Tag! So kam es nicht selten vor, dass ein und die gleiche Band zehn Auftritte uber die ganze Stadt in einem Monat spielte. Mehrere Bands teilten sich den Kuchen und es kamen neue Bands und Musiker hinzu, die ebenfalls ein Stueck davon abhaben wollten.
Doch dieses Musiker Paradies hatte auch Nachteile. Wenn viel Geld im Spiel ist, leidet die Qualitaet. Jeder Depp war ploetzlich Musiker! Das Ergebnis kann man sich vorstellen: die Darbietungen wurden immer schlechter. Ueber Jahre hinweg mutierte live-Musik zum Klischee ... gerade auch im irish-trad Bereich. Dass heute immer noch live-Musik angeboten wird, ist diesem Klischee zu verdanken. Die Touristen fahren nach wie vor voll drauf ab ... die Einheimischen eher weniger.
Trotzdem kann man auch heute noch viel Geld damit verdienen. Regelmaessige Auftritte bringen 1000 – 1500 Euro im Monat ... Schmerzensgeld!
Was wird denn so gespielt, mag sich jetzt mancheiner fragen.
In der Regel kommt man am besten klar, wenn das Repertoire folgendermassen aussieht:
50% irische Songs (davon eine Haelfte Rebell- und die andere Haelfte Christy Moore-Songs), 30% Country (Johnny Cash, Kenny Rogers etc.) und der Rest middle-of-the-road-stuff wie Bruce Springsteen, Neil Young, Beatles usw. Am besten, man schreibt sich jedesmal die Titel, die vom Publikum verlangt werden auf.
Das ist jedoch nicht zwingend so. Jeder kann sein Programm gestalten wie er moechte. Manchmal ist es auch gut, wenn man aus dem Rahmen faellt. Ich z.B. spiele zu 95% middle-of-the-road-stuff, 5% Country und garkeine irischen Songs. Warum? Weil mir die irischen Songs nicht gefallen ... oder wie sagt man hier: It’s not my cup of tea! Bisher bin ich deswegen nicht besser oder schlechter gefahren wie alle anderen. Mein Motto ist ganz einfach: ich spiele nur Songs, die ich mag. Natuerlich muss man hier und da Kompromisse machen aber wenn man nur das spielt, was die Leute hoeren wollen ist man kein Musiker, sondern eine Musikbox ... und da hoert der Spass bei mir auf.
Ich trete als One-Man-Band auf, d.h. ich spiele akustische- und e-Gitarre mit Drummachine und Backingtracks. Am Anfang gruendete ich eine Band, die sich jedoch nach einem Jahr wieder aufloeste. Danach spielten wir im Duo oder Trio. Heute spiele ich nur noch alleine. Abgesehen davon, dass Musiker hierzulande noch unzuverlaessiger sind als in Deutschland, lohnt es sich nicht mehr in einer Band zu spielen. Warum auch, wenn ich alleine mit weniger Aufwand mehr Geld verdienen kann?
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