Sonntag, 24. Januar 2010

Busking in Ireland



... laeuft (abgesehen vom Wetter) besser als in Deutschland. Dafuer gibt es einen einfachen Grund: es ist so eine Art Tradition ... vor allem in Clare. Man sagt sogar, Co. Clare waere die Wiege der irischen Musik. Was Strassenmusik angeht, habe ich mich hier von Anfang an wohl gefuehlt. Nachdem ich auf der Grafton Street in Dublin gespielt hatte, tingelte ich Richtung Sueden nach Wexford, Waterford, Clear Island, Schull, Dingle. Nach zwei Wochen kam ich nach Ennis und war begeistert. Ich lief die O'Connell Street entlang und dachte mir: das ist die schoenste Stadt, die ich bisher in Irland gesehen habe! Im Abbey-Youth-Hostel (heute Rowan-Tree-Hostel) konnte ich mein Drei-Mann-Zelt auf dem
campground fuer 7.50 Euro am Tag inkl. Fruehstueck und Dusche aufschlagen und blieb den ganzen Sommer.

Spaeter spielte ich jeden Tag am Hintereingang des Tesco-Supermarkts. Da habe ich mir fast eine goldene Nase verdient: ich bekam fast jeden Euro der zurueckgebrachten Einkaufswagen! So ging es monatelang bis zu jenem Tag, als genau gegenueber ALDI seine Pforten oeffnete! Ich weiss noch, es war ein Donnerstag als Pat, der alte Security-Gard zu mir kam und mir bedauernd mitteilte, ich muesste mein Zeug zusammenpacken. Spaeter erzaehlte er, das Tesco Management waere Amok gelaufen. Es kamen sogar welche aus England, um sich die Auswirkungen der ALDI-Eroeffnung anzusehen. Es wurde so eine Art Kriesenstab gebildet, alle waren schlecht drauf ... und ich musste gehen!
Das Spielen bei Tesco war so lukrativ, dass ich Existenzaengste bekam nachdem ich dort aufhoeren musste! Zudem war die Stelle ueberdacht und ich war gut vor dem Regen geschuetzt. Ich musste mir einen neuen Platz suchen.

Das war garnicht so einfach, denn im Gegensatz zu Deutschland sind die Frontseiten der Geschaefte in Irland nicht ueberdacht, obwohl es wegen dem Regen vielmehr Sinn machen wuerde. Zuerst machte ich es genauso wie in Deutschland: ich fuhr durch die Gegend auf der Suche nach neuen Plaetzen, musste jedoch schnell feststellen, dass es nicht viel zur Auswahl gab! Abgesehen von Galway und Limerick, gibt es nur noch zwei Staedte, wo es sich lohnt: Kilrush und Killaloe. Am Ende fand ich meinen Platz in Ennis, wo ich auch heute noch jeden Tag spiele.

In Irland ist nicht alles so reglementiert wie in Deutschland. Z.B. muss man nicht jede Woche die Strasse vor dem Haus kehren oder regelmaessig seinen Rasen maehen. Eigentlich muss man es ueberhaupt nicht, wenn man nicht will und der Nachbar steigt einem deswegen auch nicht auf’s Dach. Wie schon erwaehnt, gibt es fuer Strassenmusiker in Deutschland Regeln. In Irland dagegen sogut wie garnicht. Hier ist man mehr oder weniger auf sich allein gestellt.
Mit einfachen Worten: habe ich hier meinen Platz gefunden, gehoert er mir.

Natuerlich laeuft das nicht so reibungslos, wie sich das jetzt anhoert. Ich hatte am Anfang teilweise tierischen Stress mit anderen Buskern bzw. nur mit einem, der im Grunde genommen ein Saeufer und stadtbekannter troublemaker ist. Vor drei Jahren an Weihnachten ging’s dann richtig rund: als er wieder mal damit anfing mich zu beschimpfen, ging ich auf ihn los. Pech war nur, dass zum gleichen Zeitpunkt der oberste Garda Inspektor um die Ecke kam und sich das Ganze live ansehen konnte. Ich wurde verhaftet und in Handschellen abgefuehrt. Nachdem man mir auf der Polizeiwache meine Rechte vorgelesen hatte, durfte ich wieder gehen. Am naechsten Tag entschuldigte ich mich fuer meinen Ausraster, die Anklage wurde fallen gelassen und damit war das Thema erledigt. Komischerweise stieg danach mein Ansehen und ich wurde noch mehr respektiert! Die Leute fanden es naemlich gut, wie ich reagierte und klopften mir deswegen auf die Schulter. Die ganze town stand geschlossen hinter mir! Das muss man sich mal vorstellen!!

Seitdem habe ich meinen festen Platz in Ennis. Kommt es mal vor, dass ich aus irgendeinem Grund nicht auftauche, fragt sich jeder: where is he?! Wenn ich wieder da bin, heisst es: welcome back!

Ich spiele auch lieber auf der Strasse als im Pub. Auf der Strasse sind die Leute (meistens) nuechtern. Ich habe meine feste Arbeitszeit, sechs Tage die Woche. Mein Erfolg liegt auch darin, dass ich Strassenmusik als Job sehe und diesen auch regelmaessig ausuebe. Das ist auch der Unterschied zwischen mir und den irischen Buskern: ich betreibe das Ganze mit einer gewissen german efficiency.

Ein Ire hat mal folgendes zu mir gesagt:
You know why you’re so good? Because you’re not irish!

2 Kommentare:

  1. German efficiency ??
    Mhhhm...
    Ich finde, bei aller Gemanität steckt aber auch noch eine Menge "Balkan" in dir - besonders was das Temperament anbetrifft ... :-)

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